Antwortbarkeit statt Intervention
In vielen Narrativen ist das Muster klar: Eine Figur erkennt – nach anfänglichen Schwierigkeiten – ein Problem, trifft eine Entscheidung (meist zuerst eine falsche, dann durchbricht sie das alte Muster), handelt und bringt etwas in Ordnung.
Das ist Intervention. Handlung als Form von Kontrolle. Die Dinge kontrollieren, sich selbst oder das Leben unter Kontrolle haben. »Alles wieder unter Kontrolle, alles in Ordnung!«, Ende der Geschichte.
Imaginal Fiction entfaltet sich anders.
Hier ist die Welt kein Objekt, das dominiert, kontrolliert oder gestaltet werden muss, sondern ein Gegenüber – ein Fragendes.
Die Welt fragt.
Wir antworten.
Die Welt ruft.
Wir antworten.
Die Welt ruft uns.
Wir antworten.
Was aufbricht, wird nicht behoben, sondern bewohnt.
Es ist ein Wechsel in der Grundhaltung:
Nicht »Was soll ich tun?«,
sondern: »Was antwortet wie worauf?«
Die Figur greift nicht ein, sie hört. Sie beobachtet. Sie folgt, und daraus kann sich ein Spiel zwischen Folgen und Führen entfalten, aber immer in Kontakt, in Nicht-Trennung. Wenn die Figur handelt, dann nicht aus Zielstrebigkeit, Isolation, sondern in Berührung, aus dem Berührtsein.
Es ist die Haltung des Hörenden, nicht des Heldenhaften.
Die Bewegung einer Spirale, nicht eines Angriffs.
Diese Haltung, diese Fähigkeit zu antworten, können wir Antwortbarkeit nennen.
Antwortbarkeit statt Intervention.
Vielleicht beginnt hier ein anderes Erzählen.
– Lucas Martainn