Das Imaginale ist …
Ein Ort.
Ein Raum, der sich nicht auf der Landkarte findet, der aber betreten werden kann.
Ein innerlich erfahrbarer und äußerlich verkörperbarer Bereich zwischen Vorstellung und Wirklichkeit.
Dort, wo Bilder nicht erfunden, sondern begegnet werden.
Ein Zwischenreich, wie eine Landschaft aus lebendigen Bedeutungen, das sich in die manifestierte Welt ergießt.
Ein Zustand.
Eine Weise des Daseins. Durchlässig. Wach. Hinhörend. Lauschend.
Ein inneres Klima, in dem Welt nicht nur erscheint, sondern spricht.
Wo Denken langsam wird, und Empfinden zu antworten beginnt.
Ein Bewusstseinszustand ohne Absicht, aber voller Präsenz.
Das Imaginale öffnet sich, wenn das Bild dich in einen Dialog einlädt.
Eine Beziehung.
Nichts Imaginales geschieht allein.
Es braucht die Berührung. Von Innen und Außen, von Ich und Welt, von Form und Tiefe.
Das Imaginale entsteht dazwischen. Es ist nicht subjektiv, nicht objektiv, es ist transjektiv (ein Wort von John Vervaeke). Oder anders: durch das Dazwischen entstehen die zehntausend Dinge.
Ein Raum der Resonanz, in dem Bedeutung aufblüht, nicht als Besitz, sondern als Antwort auf Beziehung.
Was in Beziehung tritt, wird bildhaft lebendig.
Ein Organ.
Nicht ein Sinn, sondern eine Fähigkeit. Eine Antwortfähigkeit.
Ein seelisches Auge, das mit der Welt fühlt.
Ein inneres Lauschen, das mehr hört als Worte.
Das Imaginale ist nicht bloß Inhalt. Es ist eine Kapazität, eine Form des Wahrnehmens.
Ein dialogisches Organ, das sich bildet, indem man es gebraucht.
Die Hoffnung als erahnende, erspürende Qualität – nicht als Wunschdenken – reicht weit ins Imaginale.
Dieses Organ erkennt nicht „etwas“. Es erkennt, dass etwas erkannt wird.
Oder vielleicht so:
Das Imaginale ist Ort, Zustand, Beziehung und Organ zugleich.
Es ist der lebendige Zwischenraum, in dem Welt nicht nur gedacht, sondern ihr begegnet wird.
Nicht jenseits, nicht innerlich, sondern zwischen Auge und Bedeutung. Nicht Resultat, das auch, aber auch Ursprung.
– Lucas Martainn