Imaginal Fiction und Magischer Realismus
Die kleine Reihe »Imaginal Fiction und …« ist eine betrachtende, nicht bewertende Gegenüberstellung von Imaginal Fiction und verwandten Genres. Die Gegenüberstellung hilft mir, die Eigenheiten von Imaginal Fiction klarer zu erfassen. Ich möchte damit jedoch nicht festlegen, dass Imaginal Fiction ein Genre ist. Das ist nicht meine Aufgabe. Ich betrachte Imaginal Fiction in erster Linie als Erfahrung und darüber hinaus als Ort der Begegnung.
Auch wenn der magische Realismus keine Magie im mythisch-realen Sinn ausübt, verwendet er eine ähnliche Dramaturgie wie die Magie: Ein Bruch, ein Effekt, ein staunenswerter Eingriff.
Imaginal Fiction dagegen wirkt aus dem Inneren des Wirklichen – sie verändert nicht die Welt, sondern verändert, wie Welt antwortet.
Magischer Realismus inszeniert das Wunder als gegeben.
Imaginal Fiction öffnet den Raum, in dem das Wirkliche sich vertiefen kann.
Magischer Realismus lässt das Außergewöhnliche selbstverständlich erscheinen.
Imaginal Fiction macht das Vertraute durchlässig für andere Tiefenschichten.
Magischer Realismus fügt dem Realen etwas hinzu.
Imaginal Fiction legt im Realen etwas frei.
Magischer Realismus konfrontiert die Figur mit einem magischen Geschehen.
Imaginal Fiction verwandelt das Geschehen durch die Antwort der Figur.
Magischer Realismus wirkt über das Unerklärliche.
Imaginal Fiction wirkt über die Resonanz mit dem Unverfügbaren.
Magischer Realismus erzählt das Andere in der Welt.
Imaginal Fiction erzählt die Welt als antwortendes Anderes.
– Lucas Martainn