Thisness
»Sehr ausführlich«, heißt es manchmal im Feedback zu LOOP.
Nun. Ich wollte und musste den Anfang der Geschichte fest in den Menschen und in der Natur verankern. Deshalb findet man in LOOP sehr viel Thisness.
Thisness (Haecceity) bezeichnet in der Philosophie jene einzigartige Qualität, die genau dieses eine Etwas oder diesen einen Moment als ein eigenständiges, unersetzbares Gegenüber anerkennt.
Warum diese Verankerung in der Diesseitigkeit charakteristisch für Imaginal Fiction ist:
Thisness verankert im Konkreten
Imaginal Fiction wirkt nicht durch Archetypen oder generische Bilder, sondern durch die unteilbare Diesseitigkeit eines Moments: die Kraft dieses Augenblicks, dieses Raumes, dieses Lichts. Die Kraft, die durch das Zusammenspiel all dessen entsteht. Es ist die unersetzbare Präsenz dieses einen Moments. Präsenz durch das Konkrete, das sich nicht verallgemeinern lässt.
Imaginalität lebt von Wahrnehmung dieses Hier und Jetzt
Es geht nicht um allgemeine Konzepte, sondern um das, was jetzt und hier erscheint – ein Stein, ein Flackern, ein Rauschen, und nur das. Dadurch entsteht Erzählung nicht aus erdachtem Sinn (und damit «Plot»), sondern aus Resonanz mit dem Konkreten.
Thisness schafft Offenheit statt Festlegung
Ein universales Konzept bringt sich selbst zum Stillstand, weil es sich selbst genügt.
Die Thisness eines Augenblicks öffnet. Sie bleibt unvollendet, fließend, interrelational – ein offenes Feld, in dem Bilder auftauchen und zurückbleiben, ohne sich definieren oder in eine Lösung auflösen zu müssen.
Thisness macht imaginales Schreiben möglich
Mein Schreiben zielt nicht auf allgemeine Lehre, sondern zeigt dasjenige, das unwiederholbar erscheint (auch wenn sich in der Trilogie Szenen wiederholen, so variieren sie darin). Es ist die Haltung: In der Tiefe dieses Moments finden sich Spuren einer Möglichkeit zu antworten – nicht einer Behauptung.
Thisness verkörpert
Das korrespondiert damit, was Iah zu Pionéa sagt: »Du kannst nicht etwas durch die Traumwelt schicken, ohne es zuvor vollständig verkörpert zu haben. Es muss in der Fülle der Wirklichkeit verankert sein. Sonst gerät es durcheinander und verursacht Chaos.«
Er sagt dies nicht, um die Erzählweise des Autors zu rechtfertigen, sondern weil dies für Menschen tatsächlich gilt, und die Fügung will es (da Geschichten Ausdruck des Menschen sind), dass es auch für Geschichten gilt.
Wir sehen es an allen Ecken und Enden, zum Teil in Individuen, zum Teil in ganzen kulturellen Bewegungen, dass Dinge, die nicht verankert sind, das heißt differenziert, integriert, verkörpert und eingebettet, nicht Ordnung und Klarheit erzeugen, sondern Chaos und eventuell auch Konflikt.
Kurz und gut: Ohne die konkrete Verankerung im Menschen und in der Natur würde die Pionéa-Trilogie nicht funktionieren, ja nicht einmal existieren. Diese Verankerung im Diesseitigen ist auch, was Imaginal Fiction charakterisiert.
– Lucas Martainn